Kommunikation mit Betroffenen
In meiner beruflichen Praxis erlebe ich es sehr oft, dass Angehörige nicht Wissen wie sie mit einem Betroffenen im künstlichen Koma kommunizieren sollen. Das ist nicht schlimm, denn Angehörige und Besucher sind von den Eindrücken, der Situation und dem Anblick gerade am Anfang überfordert. Erfahren sie hier mehr darüber, wie sie mit ihrem Angehörigen richtig kommunizieren.
Non – verbale Kommunikation
Unter Non – verbaler Kommunikation versteht man die nicht – wörtliche Kommunikation. Das bedeutet, jegliche Art der Verständigung ohne das nutzen unserer gesprochenen Sprache (inkl. Gebärdensprache oder schriftliche Kommunikation). Menschen kommunizieren nie NICHT. Sei es Mimik, Gestik oder bestimmtes Verhalten sind alles Formen der Non – verbalen Kommunikation. Warum der Satz:“ Ich les dir jeden Wunsch von den Lippen ab“ hier noch eine ganz große Rolle spielen wird, erfahren sie weiter unten.
Verbale Kommunikation
Die verbale Kommunikation in Wort und Schrift ist die Form die wir tagtäglich mehrfach und Stundenlang praktizieren. Reden, Sprechen und der Austausch von Informationen. Aber wie soll man mit jemandem kommunizieren, der nicht Antworten kann und vor allem auch keine Reaktion auf das Gesprochene zeigt? Das ist eine immense Herausforderung für sie als Angehörige. Vielleicht haben sie Angst davor etwas falsches zu sagen oder keine Antwort oder Reaktion in irgendeiner Form zu erhalten. Das ist alles menschlich. Hilfe hierfür gibt es auf dieser Seite.
Können sich Betroffene erinnern?
Eine sehr oft gestellte Frage ist: „Kann denn jemand in einem künstlichen Koma etwas mitbekommen?“ Ja und Nein ist hier die Antwort. Viele ehemalige Patienten berichten sehr unterschiedlich von ihren Erinnerungen die sie hatten. Manche konnten sich an gewisse Dinge erinnern, diese aber nicht zu einem Bild zusammenfügen, andere hingegen sagten, dass sie absolut keine Erinnerungen haben.
Gehen sie deswegen immer davon aus, dass der Betroffene etwas mitbekommt und wenn es nur ganz tief im Unterbewusstsein ist.
„Mit“ und „über“ den Betroffenen kommunizieren
Vertraute Stimmen sind für Betroffene sehr wichtig. Jedoch gibt es unterschiedliche Formen der Kommunikation die ich in meiner Praxis täglich erlebe. Zum einen – „Mit“ dem Betroffenen kommunizieren. Angehörige die zu Besuch sind sprechen und erzählen mit dem Betroffenen als wenn er neben ihnen eine Tasse Kaffee trinkt, dass ist auch gut so. Die andere Form ist, in der 3. Person über ihn zu sprechen. Dies geschieht meist wenn mehrere Besucher anwesend sind und sich „über“ den Betroffenen unterhalten. Stellen sie sich vor, sie unterhalten sich mit 3 Freunden, jedoch wird nicht mit ihnen gesprochen sondern über sie als wenn sie nicht anwesend wären. Warum ist das so? Lesen sie weiter.
Die Angst vor der Kommunikation
In unserem Alltag wird ständig auf irgend eine Weise kommuniziert. Wie oben schon erwähnt, entweder non-verbal oder mit gesprochenen Wörtern. Zu 100% erhalten wir immer in irgendeiner Form eine Antwort, sei es ebenfalls non-verbal durch Mimik oder Gestik oder in Form einer gesprochenen Antwort.
Der Besuch auf einer Intensivstation und den eigenen Vater, die Mutter, einen nahen Verwandten oder guten Freund nun „bewusstlos“ in einem künstlichen Koma zu sehen ist für sehr viele Menschen ein Schock. Wie soll man damit umgehen? Die meisten Menschen haben vorher noch nie eine bewusstlose Person gesehen. Auf Fragen folgen keine Antworten, auch kein lächeln wenn sie zu Besuch kommen, keine Mimik keine Gestik.
Damit können Menschen nur schwer umgehen und so ist es ganz natürlich, dass die Kommunikation sich auf die Personen konzentriert die auch Antworten.
Kommunikation ritualisieren
Was ist damit gemeint? Ein Ritual ist etwas, dass wir fest in unserem Alltag integriert haben. Das Zähneputzen ist ein Ritual, ebenso (für die Kaffeesüchtigen :-)) der Kaffee am Morgen um richtig wach zu werden.
Versuchen sie, wenn sie gerade in einer solchen Situation sind, dass ein Familienangehöriger im künstlichen Koma auf einer Intensivstation behandelt wird, ihre Kommunikation mit der Person zu ritualisieren.
Beginnen sie zum Beispiel ihren Besuch immer mit einer persönlichen Begrüßung und leichtem Körperkontakt (Streicheln über die Hand). Erzählen sie etwas aus dem Alltag oder von Erlebnissen. Und ganz wichtig, verabschieden sie sich ebenso persönlich.
Luftröhrenschnitt
Wenn sie Lippenlesen müssen
„Ich les dir jeden Wunsch von den Lippen ab“. Dies ist die Königsdisziplin. Nach einem Luftröhrenschnitt, wenn Betroffene wieder wach werden ist die Kommunikation ein richtiger Kraftakt.
Durch den Luftröhrenschnitt können Betroffene nicht sprechen. In dieser Zeit sollten sie als Angehörige viel Geduld und Zeit bei ihren Besuchen mitbringen. Betroffene möchten sich mitteilen, werden aber nicht verstanden, dass führt zu Frustration und Resignation. Was können sie als Angehöriger tun?
Stellen sie einfache ja und nein Fragen um das Problem des Betroffenen weiter einzugrenzen. Meist sind es ganz banale Dinge, wie Schmerzen. Sollte es dem Betroffenen möglich sein die Hände ausreichend zu bewegen, so können sie mit Hilfe von Stift und Papier aufschreiben lassen wo der Schuh drückt.
Haben sie keine Angst
Zu guter letzt, haben sie keine Angst davor etwas falsches zu sagen. Zeigen sie dem Betroffenen das sie da sind. Wenn sie nichts sagen können, weil sie nicht wissen über was sie sprechen sollen, dann ist das auch nicht schlimm. Wichtig ist, dass sie mit einer Begrüßung signalisieren das sie da sind und mit einer Verabschiedung zeigen wenn sie wieder gehen.
Ein Beispiel zur Kommunikation finden sie auch in meinem Ratgeber. »